Gewiss kein Beitrag zur Artenvielfalt in der Isar: Die Landshuter Fischtreppe                                          

Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) schreibt vor, dass Europas Gewässer biologisch durchgängig zu gestalten sind. Um dies zu erreichen, sind an Querbauwerken (Kraftwerke, Stützschwellen) Aufstiegsmöglichkeiten für wandernde Tierarten vorzusehen bzw. nachzurüsten. Der LBV hat diese Forderung der WRRL von Anfang an unterstützt, da wir in der Vernetzung von Lebensräumen und der Möglichkeit zum Populationsaustausch eine wesentliche Voraussetzung für den Erhalt der biologischen Vielfalt sehen. 

Landshut hat seit Kurzem nun auch eine Fischtreppe. Grundsätzlich also eine gute Sache. Politik, Verwaltung und Angelsportler werden daher auch nicht müde, sich für diesen "Naturschutzerfolg“ feiern zu lassen.

Fischtreppe Landshut

Nur: Ob die Artenvielfalt in der Isar von diesem Millionenprojekt tatsächlich profitiert, erscheint uns mehr als fraglich. Im Grunde hat man nämlich Folgendes gemacht: Der nur etwa acht Kilometer lange Isarabschnitt vom Landshuter Ludwigswehr bis zum Kraftwerk Altheim wurde an die Obere Isar und ihre Seitengewässer, bis hinauf nach Oberbayern, angekoppelt. Und so sehen diese beiden Gewässerabschnitte aus:

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Unterhalb Landshuts: Der Isarstau Altheim, der etwa 90 Prozent des Wasservolumens unterhalb der neuen Fischtreppe ausmacht. Schlammiges Sediment, ein nährstoffreiches und großteils fast stehendes Gewässer.

Oberhalb Landshuts: Eine vergleichsweise naturnahe Isar, mit Kiesbänken, abwechslungsreichen Strömungsgeschwindigkeiten und Stromschnellen. Bis auf  wenige Abschnitte als Naturschutz- gebiet ausgewiesen. Seit Kurzem sogar mit Bereichen, in denen sich der Fluss sein Bett weitgehend selbst suchen darf: Mit Uferabbrüchen, tiefen Kolken und Totholz im Wasser. Auch seltene Fischarten könnten hier künftig eine neue Heimat finden.

Das eigentliche Problem ist aber nicht das, was wir oberhalb der Wasseroberfläche sehen, sondern das, was sich unterhalb abspielt:

Der kurze Isarabschnitt unterhalb des Ludwigswehrs ist durch Besatzmaßnahmen des Landshuter Angelsportvereins massiv überprägt. Eingesetzt werden hier insbesondere große Mengen an für Angler attraktiven Raubfischen* (z.B. Hecht, Zander) und darunter in erheblichem Umfang auch nichtheimische Fischarten. Bereits fangreif wird hier alljährlich in großer Zahl die Amerikanische Regenbogenforelle eingesetzt. Und sogar der in der Isar und im gesamten Donaueinzugsgebiet nicht heimische Aal wird unterhalb des Ludwigswehrs noch immer ins Gewässer eingebracht. 

Bislang blieb die Unterwasserfauna der Isar oberhalb Landshuts von dieser fischereilichen "Bereicherung" verschont. Die neue Fischtreppe macht's allerdings nun möglich, dass sich diese wanderfreudigen Arten gemeinsam mit Besatzhechten und Besatzzandern in großer Zahl auf den Weg in den vergleichsweise naturnahen Oberlauf der Isar machen können. Problematisch ist dabei die sogenannte Karenzzeit, der zufolge zwischen dem Besatz und der Befischung ein Zeitraum von 14 Tagen liegen muss. Ob die ewig hungrigen Regenbogenforellen, Aale, Zander und Hechte wohl solange vor der neuen Aufstiegshilfe warten werden ?

Was die nun mögliche Zuwanderung dieser Arten für die Fischfauna der isaraufwärts gelegenen Naturschutzgebiete bedeutet, können wir nur erahnen. Mit Sicherheit Nahrungskonkurrenz sowie massiver Fraßdruck auf die dortige Fischfauna. Und damit zweifellos ein Rückschlag für alle Bemühungen, hier durch Lebensraumverbesserungen echten Fischartenschutz zu betreiben. Nachgedacht hat über all dies offensichtlich niemand. 

Verlierer also auf der ganzen Front:

Damit es zu alledem nicht kommt, und damit die Landshuter Fischtreppe doch noch zu einem Naturschutzerfolg wird, ist eigentlich nur eines erforderlich: Ein grundlegendes Umdenken beim Fischbesatz, zumindest in allen öffentlichen Gewässern.  

Und genau dies fordern wir.  

* Folgender Hinweis zum Begriff "Raubfische": Fische rauben nicht. Sie tun dies ebensowenig wie Raubtiere (die wir heute Beutegreifer nennen) oder Raubvögel (die wir mittlerweile als Greifvögel bezeichnen). Leider existiert bei Fischen bislang kein entsprechender Begriff.